Freiburger Rundbrief Freiburger Rundbrief
    Leseproben > Rezensionen ab Jg. 2001 > 1253  

Home
Leseproben
Artikel ab Jg. 2001
Rezensionen ab Jg. 2001

Inhalt Neue Folge
Archiv Neue Folge

Inhalt der Jg. vor 1993
Archiv vor 1986

Gertrud Luckner
Bestellung/Bezahlung
Links
Artikel
Mitteilungen
Rezensionen
 
XML RSS feed
 
 
Display PRINT friendly version
Lukas Kundert

Die Opferung/Bindung Isaaks

Bd. 1: Gen 22,1–19 im Alten Testament, im Frühjudentum und im Neuen Testament
Bd. 2: Gen 22,1–19 in frühen rabbinischen Texten

Diese von der Universität Basel 1997 angenommene theologische Dissertation stellt eine weiträumige und interdisziplinäre Untersuchung zur frühjüdischen, neutestamentlichen und rabbinischen Wirkungsgeschichte von Gen 22 dar. Gerade diese Verbindung einer exegetischen und judaistischen Behandlung macht den Wert dieser großen Arbeit aus. Auf eine relativ ausführliche Forschungsgeschichte (1875–1995) folgt als exegetische Grundlegung eine zu knappe und wenig konturierte Kommentierung von Gen 22.

Spannend hingegen verläuft bereits die Darlegung der interpretatorischen Umakzentuierung durch die Septuaginta, wo die Gestalt Isaaks bereits stärkeres Eigenprofil gewinnt, die Märtyrerthematik eingebracht ist, der Opfercharakter ausgebaut wird. Einen neuen und eigenwilligen Weg geht Verf. im Verständnis von jachid – agapätós (22,2.12.16) als „bevorzugter, weil ergebener Sohn“ (55), was durch einen langen Exkurs zum ntl. Sprachgebrauch zu stützen versucht wird. Ob sich diese These von Isaaks außerordentlicher „Ergebenheit“ durchsetzen kann, wird sich zeigen.

Weitere Eigenakzente bietet die frühjüdische Rezeption von Jdt 8,26; Sir 44,22; Dan 3,35 und im Jubiläenbuch. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Isaakrezeption bei Philo, die bisher viel zu wenig beachtet wurde: Isaaks Logosnatur, Nichtweltlichkeit, „Sohn Gottes“-Attribut, vollkommene Weisheit. Hingegen betont Josephus stärker die Zuordnung der Aqeda zum Tempelberg, hält aber das Märtyrermotiv tunlichst zurück, während dieses situationsentsprechend in 4 Mkk eine dominante Stellung gewinnt.

Für das NT zeigen sich Isaaktraditionen vor allem in Röm 8,31 f., Hebr 11,17–19 und Jak 2,21 f. So wird von Paulus gesagt: „Eine Abraham-Gott-Typologie läßt er in einer Aqeda-Passions-Typologie aufgehen“ (205). Weit ausladend wiederum wird das Johannesevangelium auf Korrespondenzen und Motive zu Isaaktraditionen befragt, wobei Verf. von Philo her sich wohl allzu optimistisch gibt. Wie dieser bei Isaak, so sieht Joh bei Jesus gleichermaßen „himmlische Herkunft, himmlische Gelehrsamkeit und Präexistenz“ gegeben (237). Darüber hinaus sei auch eine Übertragung des „Märtyrer-Vorbildcharakters Isaaks“ für eine „christologisch begründete Märtyrertheologie“ der joh Gemeinde ausgewertet worden. Schließlich wird die Verklärungsperikope Mk 9 mit Gen 22 intertextuell verbunden, wobei nun der „geliebte Sohn“ (V. 7) ebenfalls als ein Gottergebener zu qualifizieren und in seiner Leidens- und Todesperspektive von Isaak her zu begreifen sei. Kaum Belege werden freilich beigebracht für eine Märtyrerrolle von Mose und Elija.

Im kürzeren 2. Band werden zahlreiche Textbeispiele zur Aqeda (jetzt immer Akeda geschrieben!) aus dem rabbinischen Schrifttum geboten: aus der Mechilta deRabbi Jishmael, aus dem palästinischen und dem babylonischernTalmud sowie, besonders ergiebig, aus dem Midrasch Bereschit Rabba. Deren Kommentierung legt großen Wert auf Kontextbezug, Gedankenführung und Herausstellung der Motivvariation. Für nicht judaistisch gebildete Leser und Leserinnen sind diese Ausführungen teilweise hoch interessant und geben einen guten Einblick in das rabbinische Ringen um Aktualisierung der Aqedathematik angesichts einer vielfach bedrohten jüdischen Existenz. So „artikulieren die Rabbinen anhand der Akeda (!) ihren Glauben, daß sich Gott persönlich für Israel einsetzen wird“ (201).

Robert Oberforcher, Innsbruck


Jahrgang 9 / 2002 Heft 2 S. 145 f.

 



top