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Georg Traska / Christoph Lind

Hermann Leopoldi, Hersch Kohn

Eine Biographie

Hermann Leopoldi (1888–1959) war einer der beliebtesten und erfolgreichsten Unterhaltungskünstler der Zwischenkriegszeit in Österreich. Mithilfe des umfangreichen Nachlasses, der im Zuge der Recherchen von Leopoldis Sohn Ronald an die Wienbibliothek übergeben wurde, haben der Autor Georg Traska und der Historiker Christoph Lind, der den Nachlass bearbeitete, die erste umfangreiche Biografie des Künstlers verfasst.

Leopoldi wurde in Wien als Hersch Kohn in eine traditionelle jüdische Familie geboren. Obwohl er als Soldat im Ersten Weltkrieg bereits erfolgreiche jüdische Abende gab, änderte er erst 1921 offiziell seinen Namen. Mit dem Programm „Soiree bei Tannenbaum“ widmete sich Leopoldi, ähnlich wie Löhner-Beda (Bedrich Löwy), der Kritik des jüdischen Neureichtums. Diese Texte waren in einem Jargon verfasst, der sich vom Jiddischen unterschied, einer Theater- und Kunstsprache, die Wiener Dialekt, jiddisches Vokabular und westjiddische Syntax verband. In den zwanziger und dreißiger Jahren komponierte er zahlreiche populäre Lieder voller „Wiener Traditionsseligkeit“. Viele ihrer Texte stammten von dem beliebten Textdichter Peter Herz, der 1938 nach England emigrierte und nach 1945 wieder nach Österreich zurückkehrte.

1938/39 war Leopoldi nach einem gescheiterten Fluchtversuch in die Tschechoslowakei in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald inhaftiert. Nach seiner Entlassung flüchtete er im März 1938 in die USA; bei seiner Ankunft wurde er so von Emotion überwältigt, dass er den Boden küsste. Zusammen mit seiner neuen Partnerin Helly Möslein (1914–1998) erarbeitete er in den USA erfolgreiche amerikanische Programme.

Bei seiner Rückkehr nach Wien (1947), die noch nicht als permanent gedacht war, wurde Leopoldi triumphal gefeiert. Das Zitat aus einem Zeitungsbericht, „Wie einst der liebe Augustin aus der Pestgrube, so ist Hermann Leopoldi aus der Katastrophe der letzten Jahre heil hervorgegangen“, kommentiert Traska mit den Worten: „Auf solche Weise in die mythische Dimension eingerückt, werden auch gleich alle Unterschiede übersprungen, ob jemand den Krieg und seine katastrophalen Auswirkungen als freiwilliger oder unfreiwilliger Bürger des Deutschen Reiches erlebt hatte – oder als Jude in zwei Konzentrationslagern und danach im Exil.“

Beigelegt ist dem reich illustrierten und mit einem Index versehenen Buch eine CD mit 20 Liedern, die einen hervorragenden Überblick zum gesamten künstlerischen Schaffen Leopoldis gibt.

Evelyn Adunka, Wien


Jahrgang 20 /2013 Heft 3 S. 229 f.

 



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