Nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajewo erklärte Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg. Zwischen dem 1. und 4. August erklärte Deutschland nacheinander Russland, Luxemburg, Frankreich und Belgien den Krieg. Am 4. August 1914 erklärte England dem Deutschen Reich und am 12. August 1914 Österreich-Ungarn den Krieg. Der Sog der Generalmobilmachung erfasste auch die Juden.
In elfjähriger Arbeit haben die Autoren ein überaus beeindruckendes und im wahrsten Sinn des Wortes gewichtiges Standardwerk über die Feldrabbiner in der deutschen Armee im Ersten Weltkrieg vorgelegt. Im Sommer 1914 hatten sich bereits 81 Rabbiner beim Verband deutscher Juden gemeldet und sich als Feldrabbiner zur Verfügung gestellt, – weit mehr als benötigt.
Der erste Teil des Buches rekonstruiert die Lebensläufe von 30 Feldrabbinern sowie von 15 Feldhilfsrabbinern, illustriert mit zahlreichen Fotografien. Beschrieben werden ihre Familien, ihre Ausbildungs- und Berufswege, meist in den drei deutschen Rabbinerseminaren – dem orthodoxen Rabbinerseminar und der liberalen Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in Berlin und dem Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau – und ihre weiteren Lebenswege, die oft im Exil endeten.
Unter den beschriebenen Rabbinern befinden sich so bekannte Persönlichkeiten wie Leo Baeck, Max Wiener oder Leo Baerwald, der Rabbiner der Münchner Hauptsynagoge und der Synagoge Beth Hillel in Manhattan sowie die beiden später in Großbritannien tätigen liberalen Rabbiner Bruno Italiener und Georg Salzberger. Siegbert Neufeld ist der einzige Feldrabbiner, der nach Palästina flüchtete, aber nach 1945 wieder als Rabbiner in Deutschland arbeitete. Der Hamburger Rabbiner Jacob Sonderling wurde 1938 Rabbiner des Wilshire Boulevard Temple in Los Angeles und berühmt für seine Zusammenarbeit mit den Komponisten Arnold Schönberg, Erich Zeisl und Ernst Toch. Aron (Arnold) Tänzer, der Rabbiner von Hohenems, ist unter den 45 beschriebenen Rabbinern der einzige aus dem österreichischen Raum.
Ein zweiter Teil des Buches enthält ausgewählte Dokumente, Tätigkeitsberichte und Korrespondenzen von und zu den einzelnen Rabbinern. Im dritten Teil wurden die Protokolle der Feldrabbinerkonferenzen ediert. Immer wieder betonen und beschreiben die Berichte und Korrespondenzen die überkonfessionelle, allgemein humanitäre Arbeit der Feldrabbiner und die gute Kameradschaft, die im Feld herrschte.
Die Rabbiner hegten deshalb die – wie wir heute wissen – so vergebliche Hoffnung, dass damit die Zeiten des Antisemitismus und der Diskriminierung der jüdischen Minderheit der Vergangenheit angehörten. Register, ein Glossar und Verzeichnisse von Angehörigen und Nachkommen und der quellenverwaltenden Institutionen komplettieren dieses umfang- und inhaltsreiche Nachschlagewerk.
Rezension von Evelyn Adunka, Wien
Jahrgang 21 / 2014 Heft 2 S. 133 f.