Originaltitel: Sleeping on a Wire. Conversations with Palestinians in Israel. Jonathan Cape, London 1993. Hanser Verlag, München 1992. 280 Seiten.
Dies ist der Rechenschaftsbericht eines israelischen Autors über seine Erlebnisse und Erfahrungen mit Gesprächen arabischer Israeli. Grossman bereiste den Teil Israels, der von Arabern bewohnt wird, notabene israelischen Staatsbürgern. Diese Menschen leben in einem dauernden Dilemma, da ihr Volk im Widerstreit mit ihrem Land ist. Sie erzählen von Unterdrückung, Diskriminierung, Ungerechtigkeit und der Schwierigkeit, ihre Kinder nicht zur Schizophrenie erziehen zu müssen. Israelis, die mit Arabern verheiratet sind, werden von ihren Familien nicht mehr akzeptiert: Sie fürchten sich, sich öffentlich zu Freundschaften mit Arabern zu bekennen, weil sie auf keiner Seite mehr Vertrauen erleben, was übrigens auch umgekehrt von den Arabern gilt. Die Diskriminierung der israelischen Araber geht so weit, daß sie in ihren Pässen den Vermerk „NonJew“ tragen. Wer erinnerte sich nicht an das „J“ in deutschen Pässen zur Hitlerzeit? David Grossman berichtet auch über bewundernswerte Anstrengungen der Araber, ihre von den Juden zerstörten und völlig vernachlässigten Dörfer wieder bewohnbar zu machen. Es mangelt ihnen an Grundrechten, Spitälern und Ausbildungsstätten. Die Gespräche werden auf Arabisch geführt, was eine große Ausnahme ist, da normalerweise die Juden nicht Arabisch können, die Araber aber haben Hebräisch zu sprechen, wollen sie sich auf Ämtern Auskunft holen, obwohl ein Fünftel der Bevölkerung arabisch ist.
Bücher wie dieses haben bestimmt viel dazu beigetragen, daß nun ein Prozeß in Gang gekommen ist, der dem Land beider Völker den dringend nötigen Frieden bringen kann, den politischen und noch viel wichtiger den emotionalen und das Verständnis füreinander.
Eva Auf der Maur
Jahrgang 1 — 1993/94 Seite 212