Annäherung an ein schwieriges Thema I. Überraschende Aktualisierung eines alten Themas
Viele Jahre konnte man den Eindruck haben: Es herrscht eine Scheu gegenüber dem klassischen Thema des Messias und des Messianischen in der christlichen Theologie wie auch im christlich-jüdischen Dialog nach Auschwitz. Von Arbeiten der historisch interessierten Exegeten abgesehen, gab es kaum theologische oder dialogische Wortmeldungen zum messianischen Thema. Dies hat sich überraschenderweise in den letzten Jahren gründlich geändert. Wir können geradezu von einer Konjunktur aktueller Publikationen zum Themenkreis von Messias und Messianismus sprechen. Diese beschränken sich nicht auf die deutschsprachige Literatur. Es ist eine internationale und auch interreligiöse, d. h. jüdisch-christliche Diskussion im Gang, die so intensiv geworden ist, daß ein veräßlicher Überblick über die Positionen und Argumentationen nur schwer möglich ist und hier auch nicht versucht sein soll. Wenige Andeutungen müssen genügen.
Der jüdische Gelehrte Jacob Neusner hatte mit seinem Buch „Messias im Kontext. Israels Geschichte und Schicksal im sich normativ ausbildenden Judentum“ 1984 die Diskussion in den Vereinigten Staaten neu eröffnet. Drei Jahre später erschien unter seiner Mitherausgeberschaft ein umfangreicher Sammelband mit dem pointierenden Titel „Judentümer und ihre Messiasse an der Wende zur christlichen Ära“. Jüdische und christliche Autoren zeichnen dort von verschiedenen Ansätzen her ein höchst vielfältiges und uneinheitliches Bild des Judentums von etwa 180 v. Chr. bis 70 n. Chr.: Ein einheitliches, als normativ geltendes Judentum habe es ebensowenig wie eine in sich zusammenhängende Vorstellung oder gar Lehre zum Messias gegeben. Zu undeutlich seien die damaligen Elemente messianischer Ideen gewesen, als daß man von einer zusammenhängenden Messianologie sprechen könne. Es habe auch Formen des Judentums ganz ohne messianische Vorstellungen gegeben. Wegen dieses diffusen Befundes könne man auch nicht Linien damaliger Erwartungen, Hoffnungen und Leitbilder herausarbeiten, die auf ein messianisches Verständnis Jesu von Nazaret hinausliefen. Die jüdischen und christlichen Autoren kommen bei aller unterschiedlichen Einzelposition tendenziell darin überein, daß sie ein Zulaufen jüdischer, messianisch gefärbter Erwartungen der damaligen Zeit auf das Auftreten Jesu von Nazaret verneinen.1 Offenbar hat diese wissenschaftliche Diskussion ihren eigenen amerikanischen Hintergrund. Dort identifiziert einerseits ein religiöses Milieu besonders freikirchlicher Prägung sehr unbefangen und mit einem fundamentalistischen Zug Jesus von Nazaret als den in der Hebräischen Bibel zweifelsfrei angekündigten Messias für Israel. Und andererseits führt die akademische christliche Theologie eine christologische Diskussion, die von Christus spricht und dabei in die Gefahr geraten ist, diesen alten Bekenntnisnamen lediglich als Symbol und Chiffre einer allgemeinen Erlösungsidee zu verstehen und so von Jesus von Nazaret und seinem konkreten und geschichtlichen Ort wegzuführen.
Dieser Hintergrund fehlt im europäisch-deutschen Kontext. Und dennoch gibt es auch dort eine intensive, in Gang seiende Diskussion der jüdischen Messiashoffnung und des christlichen, messianisch zu bestimmenden oder nicht-messianisch zu kennzeichnenden Christusglaubens. Jürgen Moltmann hat 1989 unter dem Titel „Der Weg Jesu Christi“ eine „Christologie in messianischen Dimensionen“ veröffentlicht. Das Jahr 1993 bescherte gleich eine ganze Reihe wichtiger Publikationen: Die internationale Zeitschrift „Concilium“ widmete ihr erstes Heft des Jahrgangs dem Thema „Messias und Messianismus“. Der Baseler Neutestamentler Ekkehard Stegemann besorgte ein Symposium und einen nachfolgenden Sammelband „Messias-Vorstellungen bei Juden und Christen“. Das „Jahrbuch für biblische Theologie“ bestritt die Ausgabe 1993 mit dem Thema „Der Messias“. Und jüngst hat der Luzerner Bibelwissenschaftler und Judaist Clemens Thoma seine fast 500 Seiten starke „Theologie jüdisch-christlicher Begegnung“ unter dem eher vom Verlag diktierten als von ihm geliebten Titel „Das Messiasprojekt“ vorgelegt.2
Ist also die „messianische Scheu“ der christlichen Theologie und des christlich-jüdischen Dialogs abgelegt? Es ist zweifelhaft, ob man dies bereits abschließend sagen kann. Wohl wird man konstatieren dürfen, daß diese Scheu thematisiert wird und in der Bearbeitung ist. Und ich verhehle nicht, selbst dieser Scheu unterlegen und bis vor kurzem eine Position eingenommen zu haben, die sich nicht allzuviel davon versprach, im jüdisch-christlichen Dialog unserer Tage das messianische Thema zu verhandeln. In dieser skeptischen Position konnte die z. T. heftige Auseinandersetzung um den christologischen Spitzensatz des rheinischen Synodalbeschlusses 1980 eher distanziert verfolgt werden; das christologische Bekenntnis der Synode lautete: „Wir bekennen uns zu Jesus Christus, dem Juden, der als Messias Israels der Retter der Welt ist und die Völker der Welt mit dem Volk Gottes verbindet.“3 In der Zwischenzeit sehe ich mich aus der skeptischen Distanz herausgelockt. Der Skeptizismus ist noch nicht ganz überwunden und erledigt; aber er ist ins Wanken geraten. Die hier versuchte Annäherung an das messianische Thema geht deshalb zunächst noch einmal auf einige Gründe für eine skeptische Einschätzung des messianischen Themas im heutigen Dialog ein und prüft sie an historischen sowie theologischen Einsichten, die eine messianische Thematisierung in der Reflexion des Christusglaubens als sinnvoll oder auch notwendig erscheinen lassen. Das Messianische an Jesus wird dann auf das noch Ausstehende messianischer Verheißung hin als Hoffnung für Israel bedacht. Schließlich sei — in einem betonten Wechsel des Sprachstils — an die Provokation gedacht, die Auschwitz und die Schoa für die messianische Hoffnung darstellen.
II. Vom Messias zum Christus? Eine Skepsis auf dem Prüfstand
Die messianische Skepsis in christlicher Theologie kann auf eine Kurzformel gebracht werden, die leitmotivisch verstanden wird: vom Messias zum Christus.4 Dann besagt sie etwa folgendes: Mögen für die Kennzeichnung der Aufgabe, des Amtes oder der. Würde Jesu von Nazaret auch messianische Vorstellungen im Judentum seiner Zeit in Anspruch genommen worden sein, so geschah diese Inanspruchnahme sogleich mit wesentlichen Uminterpretationen oder Transformationen dieser Vorgaben. Die Transformation war so tiefgreifend, daß im Neuen Testament nicht mehr der hebräische Begriff des maschiach (d. h. „gesalbt“) oder seine gräzisierte Fassung die Sendung Jesu kennzeichnete, sondern seine griechische Übersetzung christos (d. h. ebenfalls: „gesalbt“) zum Beinamen und Titular benutzt wurde. Also hat im Neuen Testament eine auch inhaltlich-konzeptionelle Transformation vom Messias zum Christus stattgefunden. Sie ist sprachlich darin zu greifen, daß „christos“ im Neuen Testament 531 mal vorkommt, das hebräische „maschiach“ in gräzisierter Form aber nur an zwei Stellen:5 Joh 1,41: „Dieser (Andreas) traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias — was übersetzt heißt: den Gesalbten — gefunden“ und Joh 4,25: „Die Frau (am Jakobsbrunnen) sagte zu ihm: Ich weiß, daß der Messias kommt, das ist: der Gesalbte (christos).“
Wir können in den Schriften des Neuen Testamentes eine nicht nur statistische Zurückhaltung gegenüber dem Messiastitel als Würdebezeichnung Jesu von Nazaret finden. Diese Zurückhaltung begegnet bereits bei Jesus selbst. Als sprechendster Beleg der Zurückhaltung Jesu gilt der Text von Markus 8,27-30: „Jesus ging mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Unterwegs fragte er die Jünger: Für wen halten mich die Menschen? Sie sagten zu ihm: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten. Da fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Christos! Doch er verbot es ihnen; keinem sollten sie das von ihm sagen.“ Mk 8,27-39 wird von einer Reihe von Exegeten dahingehend verstanden, daß Jesus „sich weder im Sinne alttestamentlicher messianischer Stellen noch im Sinne zeitgenössischer jüdischer Messiasauffassungen für den Messias Israels gehalten“ hat.6 Angesichts eines nach wie vor strittig interpretierten neutestamentlichen Befundes ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer messianischen Diskussion zwischen Christen und Juden um die Gestalt Jesu von Nazaret nicht von der Hand zu weisen.
Aber es steht ja nicht nur in Frage, ob das Selbstverständnis Jesu oder die Würdebezeichnungen durch seine Jünger oder die Urgemeinde unzweideutigen messianischen Rückbezug auf Aussagen des Alten bzw. Ersten Testamentes oder auf umlaufende Vorstellungen des damaligen Judentums haben. Es wird — wie bereits angedeutet — ja auch umgekehrt bestritten, daß vom Ersten Testament oder frühjüdischen Schrifttum her eine Rettungserwartung mit einem Messias überhaupt eine das damalige Judentum wesentlich oder zentral bestimmende Grundkomponente war. Die messianischen Vorstellungen seien höchst diffus und verschwommen gewesen; sie tragen den Charakter des Fragmentarischen und Kaleidoskops. Es sei also auch die ersttestamentliche oder frühjüdische Basis für eine messianische Diskussion zwischen Christen und Juden höchst zerbrechlich.
Schließlich kann die skeptische Einschätzung auf die unselige Tradition des christlich-jüdischen Verhältnisses verweisen. Was bei den frühen Kirchenvätern wie dem in Rom wirkenden Apologeten, Philosophen und Märtyrer Justin (gest. um 165) in seinem „Dialog mit dem Juden Trypho“ noch eine dialogisch angelegte Kontroverse um die Messianität Jesu war, wurde im Mittelalter und in den Religionsdisputationen von Barcelona 1263 oder Tortosa 1413-1414 zu einem mit Macht und Gewalt ausgestatteten Kampfmittel christlicher Judenfeindschaft gegen das nachbiblisch gewachsene jüdische Messiasverständnis.7 Das messianische Thema scheint gerade aus historischen Gründen seine Unschuld verloren zu haben, was nahelegt, es vom labilen christlich-jüdischen Verhältnis heute fernzuhalten.
Sind Christen und Christinnen also sowohl biblisch-theologisch als auch historisch gut beraten, wenn sie den sprachlichen Übergang „von Messias zum Christus“ als einmal vollzogene, inhaltlich tiefgreifende Transformation anerkennen und den Christustitel als theologisch bedeutsamen Beinamen Jesu verstehen, ohne ihn vorwitzig auf seine messianischen Gehalte zu befragen? Es gibt jedoch gewichtige Argumente, die empfehen, diesen Rat kritisch zu überprüfen.
Da fällt zunächst eine eher äußerliche, aber nicht belanglose Tatsache ins Auge. Die christlichen Exegeten, welche gerne den Christustitel ganz von seinen messianischen Anklängen und Elementen abstreifen wollen, zeigen sich betont an der Trennung, Diskontinuität, ja am Gegensatz zwischen Christentum und Judentum interessiert. Sie argumentieren von vorurteilsbesetzten Positionen her, insofern sie mit dem Messias eine lediglich diesseitige und auf Israel allein abgestellte, also als national-politisch und äußerlich taxierte Rettungs-, Befreiungs- oder Erlösungsvorstellung verknüpfen; einen so verstandenen Messiasbegriff lehnen sie als unneutestamentlich, unchristlich und für Jesus ganz unangemessenen Begriff ab. Ein solcher Argumentationszusammenhang läßt jene, die besonders und vorrangig an der Nähe von Christentum und Judentum interessiert und dem ökumenischen Charakter des christlich-jüdischen Verhältnisses verpflichtet sind, aufhorchen.8
Die eher von außen kommende Beobachtung, derzufolge die These eines dezidiert unmessianisch geprägten Christusverständnisses oft im Zusammenhang eines polemisch besetzten Trennungsinteresses zwischen Christentum und Judentum steht, kann auf einen inneren Zusammenhang zwischen dem Christustitel und seinem messianischen Gehalt aufmerksam machen. Alle Unschärfen, Disparatheiten oder auch Randständigkeiten messianischer Erwartungen im Frühjudentum bedeuten ja nicht, daß es im Ersten Testament keine Impulse für eine sich konsolidierende Messiasvorstellung in nachbiblischer Zeit gab. Die Rede vom Gesalbten Gottes in Jesaja 61 mag dazu ebenso zu gehören wie die prophetische Vision von der Auferweckung Israels Ezechiel 37; der kleine Prophet Haggai hat einen ähnlich (vor)messianischen Atem wie weite Partien des Propheten Sacharja (Kapitel 18 oder 12 und 14). Und der Hasmonäeraufstand gegen Antiochos IV. Epiphanes (175-164 v. Chr.) und die nachfolgenden hasmonäischen Hohenpriester haben die Makkabäerbücher und zwischentestamentliche Schriften wie das Testamentum Levi oder das äthiopische Henochbuch zu messianischen Vorstellungen und Erwartungen angeregt.
Diese Entwicklungen näher analysierend und bewertend, kommt Clemens Thoma zu dem Fazit: Wenn die Vorstellung vom Messias sich in der Zeit des Zweiten Tempels in einem sehr vielschichtigen Prozeß auf „eine von Gott in der Entscheidungszeit für die Endzukunft nach Israel gesandte Gestalt mit variierenden königlichen, priesterlichen und prophetischen Eigenschaften“ hin entwickelt, „dann hat dies auch Auswirkungen auf das Reden über den Messias Jesus von Nazaret. Weil es vor dem Neuen Testament im Gesamtbereich des Frühjudentums keinen typischen Messias gegeben hat, kann man auch nicht von Jesus als einem untypischen Messias sprechen. Man kann ihn höchstens einen in dieser Konkretheit, so noch nicht entworfenen Messias nennen . . . Der neutestamentliche Messiasglaube ist eine bestimmte Ausformung des frühjüdischen Messianismus.“ Ganz ähnlich bilanziert Erich Zenger seine Prüfung des christlichen Umgangs mit messianischen Texten des Ersten Testaments: „Jesus ersetzt nicht die Vielfalt der messianischen Texte der hebräischen Bibel, er hebt sie auch nicht durch Transformation auf, er stellt auch nicht eine antithetische, gar antijüdische Messiasversion dar, sondern ist ein weiteres Element in dem komplexen messianischen Mosaik.“9 Hier wird der Christusglaube des Neuen Testamentes in den ersttestamentlichen und frühjüdischen Kontext hineingestellt und von diesem her ausdrücklich messianisch verstanden. Was anderwärts als eine Schwäche für ein messianisch geprägtes Christusverständnis interpretiert wird — nämlich das Fehlen einer einheitlichen Messiasvorstellung im Frühjudenturn —, wird hier als ein Argument für eine messianische Kontur des neutestamentlichen Christusglaubens und dessen Ort im frühjüdischen Kontext gedeutet. Also doch eine Umkehrung der Transformation „vom Messias zum Christus“? Hat der Christusglaube doch unübersehbares messianisches Profil und die Kontur eines messianischen Glaubens?
III. Messianität Jesu als Hoffnung für Israel denken
Eine heutige christliche Theologie, die den messianischen Gehalt des Christusglaubens freizulegen versucht, sieht sich durch die Erinnerung an die unselige Geschichte christlicher Judenfeindschaft, in der der Messiasbegriff zu einem Kampfbegriff geworden war, an zwei Bedingungen geknüpft. Zum einen lautet die Bedingung für ihre Glaubensentfaltung in der binnenchristlichen Kammer, einen messianisch ausgelegten Christusglauben nicht mit der Hypothek einer wertenden und tadelnden Abwehr jüdischer Messiashoffnung zu belasten; dies geschähe, wenn die jüdische Messiashoffnung christlicherseits unter einem negativen Vorzeichen als nur partikular, national oder diesseitig dargestellt wird, der gegenüber die universale, völkerübergreifende und über das Diesseitige hinausweisende Messianität Jesu vermeintlich um so heller strahlen kann. Zum anderen geht die Bedingung für ihre Beteiligung am christlich-jüdischen Dialog dahin, daß christliche Theologie sich jedes drängerischen Elementes enthält, das auf jüdische Zustimmung zur christlicherseits geglaubten Messianität Jesu als Erfüllung jüdischer Messiashoffnung aus ist; eine sich von dieser Bedingung frei wähnende christliche Dialogbeteiligung würde dem jüdischen Verdikt verfallen: „Die Erhebung der Frage der Messianität Jesu zum Haupttraktandum des christlich-jüdischen Gesprächs macht jüdischerseits einen solchen Dialog von vornherein irrelevant.“10
Eine sich der beiden Bedingungen bewußte christliche Theologie kann dann sehr pointiert mit Friedrich-Wilhelm Marquardt formulieren: „Ausgeschlossen ist eine Fortsetzung des christlichen Verfahrens, Israels Unglauben ,anzuklagen‘, wenn eine von Christen behauptete, mit viel jüdischem Traditionsmaterial auch immer ,belegte‘ jüdische Denkmöglichkeit der Messianität Jesu jüdisch nicht akzeptiert wird. Christliche Theologie muß sich abfinden damit, daß der Messias Jesus nicht jüdisches Vorstellungsvermögen, sondern christliche Beweise des Geistes und der Kraft abfordert — in Nachfolge solcher (Geist-Erweise), die Jesus womöglich wirklich längst gegeben hat. Dies zusammen genommen bewegt uns dazu, Jesus als Messias Israels als eine Hoffnung zu denken, die wir Israel schuldig sind, nicht mehr als eine Erkenntnis, die Israel bisher angeblich Gott schuldig geblieben ist.“11 Das Messianische Jesu als eine Hoffnung zu denken, die wir Israel schuldig sind, zwingt den Blick nicht unbedingt weg von ersttestamentlichem, frühjüdischem und frühchristlichem Traditonsmaterial über das Messianische. Vielmehr schärft es den Blick auf das in dieser Tradition Angesagte, tatsächlich aber noch Ausstehende, noch Unabgegoltene, das „Noch nicht“ des Messianischen. „Der ,Messias Jesus‘ ist nicht primär eine Erfüllungsfigur, sondern eine Verheißungsfigur.“12 Damit ist eine Richtung gewiesen, welche den neuttestamentlichen sprachlichen Übergang „vom Messias zum Christus“ gelten läßt, also am Christustitel für Jesus von Nazaret festhalten kann und zugleich das Messianische im Christusnamen als Erinnerung daran reklamiert, daß das messianische Werk Jesu als des Christus noch nicht vollendet ist. Dafür steht der konkrete, unerlöste Zustand der Welt. Vor allem aber sind für Israel noch nicht die „Zeiten des Aufatmens“ (Apg 3,20) gekommen. Ein besonderes Kriterium für die messianische Zeit ist es nach jüdischem Verständnis ja, daß der Messias sich als Stifter des Friedens Israels inmitten der Völkerwelt zeigt.
Besonders auf das noch Ausstehende geht der christliche Blick, wenn er das Messianische Jesu als Hoffnung für Israel auszumalen versucht. Mit Worten von Clemens Thoma: „Zeiten des Aufatmens sind verheißen. Das entscheidende Ende wird erst noch kommen, wenn der Messias wie Mose, d. h. als der autoritative, endgültige, öffentliche, richterliche Gesetzgeber kommen wird, der von den Juden eher akzeptiert werden kann als der leidende und verspottete ,König der Juden‘ Jesus von Nazaret. Es ist ziemlich allgemeine christliche Überzeugung, daß dies Jesus sein wird. Die Juden dürfen inzwischen auf einen anderen warten, den sie als neuen Mose dankbar annehmen werden. Da aber Jesus nicht nur messianisch umschrieben werden kann, ist es denkbar, daß der jüdische Messias noch kommen wird. Als Gesetzeslehrer, als Entscheider über das Land Israel und seine Bewohner? Als Erlöser von Krieg und Uneinigkeit? Eine solche Vorstellung ist jedenfalls christlich nicht unmöglich. Es dürfte den Christen genügen, daß man Jesus als Messias bezeichnen kann (nicht muß!) und daß Jesus der vollkommene lebens- und geschichtsentscheidende Repräsentant Gottes ist.“13
Dies ist eine christliche Wortmeldung aus der laufenden Diskussion zur jüdischen Messiashoffnung und zum christlichen Christusglauben. Es ist eine Wortmeldung auf eigene Gefahr, die Rückfragen provozieren kann. Scheint sie doch z. B. einerseits an der Identität des am Ende der Zeiten kommenden Messias mit Jesus von Nazaret festzuhalten; zugleich kann sie die Möglichkeit eines jüdischen Messias neben dem wiederkommenden Christus der Parusie offen lassen. Geht beides aber zusammen? — so ist in der innerchristlichen Klärung zu fragen.
Möglicherweise hat sich C. Thoma bei seiner tastenden Überlegung durch die nachbiblisch-jüdische Tradition anregen lassen. Diese verdoppelt die Messiasgestalt und spaltet sie in einen Messias aus dem Hause Davids — Messias ben David — und einen vorauslaufenden und sterbenden Messias aus dem Hause Josefs — Messias ben Josef — auf.14 Auf die paulinische Aussage über die jüdische Annahme des wiederkommenden Christus von Röm 11,15 hinweisend, weiß er um die Problematik seiner Türöffnung für einen jüdischen Messias neben dem Parusiechristus. Wie aus anderen Stellen wie z. B. Mt 23,39 oder Apg 17,31 hervorgeht, setzt der neutestamentliche Befund der von Thoma angezielten Türöffnung ja eine tatsächliche Hartnäckigkeit entgegen. Franz Mußner hat z. B. zwar der These einer dem Wiederkommen Christi vorausgehenden Massenbekehrung Israels kräftig widersprochen, zugleich aber Röm 11,26 (im Verbund mit Mt 23,39) dahin ausgelegt, daß es der Parusiechristus ist, der „ganz Israel rettet“.15
Hier haben wir ein für den Dialog herbes Gegenüber zwischen dem neutestamentlichen Christusglauben und der jüdischen Messiashoffnung. Gibt es dennoch eine Brücke — nicht im Sinne eines christlich-jüdischen Konsenses, der hier nicht einzufordern ist, sondern in dem Sinne, daß der Christ und die Christin die jüdische Hoffnung, die mit einem kommenden Messias (der nicht Jesus Christus sein soll) rechnet, nicht nur respektvoll hört, sondern noch ein affirmatives Verhältnis zu dieser jüdischen Messiashoffnung gewinnt? Angesichts der wachsenden christlichen Glaubenseinsicht in die Nähe der Kirche zum jüdischen Volk, in die die Kirche sich von Gott gestellt sieht, möchte man so fragen.16 Sollen die Ungekündetheit des Bundes Gottes mit Israel, die unverbrüchliche Treue göttlicher Erwählung Israels wie auch die jüdische Treue zum Bund Gottes und die jüdische Liebe zum göttlichen Namen, von denen die große Karfreitagsfürbitte der Liturgie spricht, nicht eine eigene Schwerkraft auch im Blick auf die jüdischen Messiashoffnungen haben? Sind die jüdischen Messiashoffnungen vom Segen des Gottes Israels ausgeschlossen? Gilt hier ein Gegenüber nicht erst in der Situation des christlich-jüdischen Dialogs, sondern eine Spannung bereits im christlichen Glauben und Hoffen selbst? Eine Spannung, die darin besteht, daß der christliche Glaube sich am Wiederkommen Jesu Christi festmacht und zugleich die jüdische Messiashoffnung als einen Akt der Treue zum Gott Israels auch dann würdigt und bejaht, wenn diese eine Identität des erhofften Messias mit Jesus Christus verneint? Eine Spannung, deren Auflösung der Christ und die Christin in das Geheimnis des Heilsplans Gottes stellt? Es gibt Fragen des Glaubens, die sich der bündigen, einfachen Antwort verweigern und in eine Doppelheit von Antwortversuchen führen, deren Spannung und Gegenläufigkeit sich nicht vermitteln oder auflösen läßt. Offenbar ist die Christus-Messias-Frage eine solche Frage. So sieht es auch C. Thoma, wenn er weiterhin sagt: „Die Annahme, Jesus werde der kommende Messias Iudaeorum sein, ist nach Paulus . . . ein ähnliches Wunder wie die Auferstehung der Toten. Wir dürfen also den Juden unseren Messiasglauben nicht aufdrängen. Ihre Messiashoffnungen sind — nach alledem — legitim und dürfen auch von christlichen Nichtjuden aus den Völkern bekräftigt werden.“17
Die jüdischen Messiashoffnungen haben eine ungeheure geschichtliche Vitalität erwiesen. Die Geschichte des jüdischen Messianismus mit ihrem Doppelcharakter einer Katastrophen und Überlebensgeschichte, einer Enttäuschungs und Hoffnungsgeschichte ist besonders durch die Arbeiten von Gershom Scholem18 in den Blick der christlichen Theologie getreten. Daß sie bis in die Gegenwart zu einem aktuellen messianischen Fieber um den Lubawitscher Rebbe Rabbi Menachem Mendel Schneerson in Brooklyn reicht, hat eine heftige innerjüdische Kontroverse ausgeöst.19 Diese aktuelle messianische Aufwallung beschränkt sich auf eine zwar außerordentlich aktive und innerjüdisch missionarische, aber kleine Gruppe. Relevanter, wenn auch untergründiger ist für die derzeitige Generation des jüdischen Volkes die Frage nach der Herausforderung, welche die Schoa und Auschwitz für die messianische Hoffnung darstellt.
IV. Messiashoffnung und Auschwitz
Die herkömmliche Messiashoffung der jüdischen Tradition besagt ja, daß der Messias einst der Not und Bedrängnis, dem Leiden und Sterben seines Volkes ein Ende bereiten und eine Welt herbeiführen wird, in der Friede, Gerechtigkeit und Freiheit das menschliche Zusammenleben bestimmen. Das Kommen des Messias führt ein neues Zeitalter herauf, das alle Menschen von den Fesseln der alten Weltordnung befreit. Was ist aber, wenn die Not abgrundtief, die Bedrängnis unermeßbar und das Töten unüberbietbar geworden sind und der Messias nicht kommt? Dies ist die Frage, die Auschwitz stellt. Dies ist die Pein, die die Schoa bereitet. Ein Autor wie Emil Fackenheim kommt nicht umhin, beim Nachdenken über die letzten Dinge, die messianischen Tage und die künftige Welt diesen Schmerz zum Ausdruck zu bringen. Er rühmt. den Realismus der Rabbinen, die behaupteten, daß der Messias kommen wird — entweder, wenn die Menschen gut genug geworden sind, um sein Kommen möglich zu machen, oder, wenn sie böse genug geworden sind, um sein Kommen notwendig zu machen. „Eine Zeit kam, als beide Bedingungen erfüllt waren, aber der Messias kam nicht.“ Dies war die Zeit der Schoa. Grenzenlos war nicht nur die Zahl der Bösen, sondern die Qualität ihrer Bösartigkeit. Sie ehrten weder das jüdische Martyrertum noch den jüdischen Heldenmut. Sie taten alles, was sie konnten, um die Gelegenheit zu beidem zu zerstören. Während der Schoa machte die menschliche Bösartigkeit das Kommen des Messias notwendig. Aber er kam nicht. Er kam auch nicht, als zur gleichen Zeit menschliche Heiligkeit sein Kommen möglich machte. Man denkt an die Nichtjuden, die eine nie dagewesene Gerechtigkeit erwiesen. Man denkt an jüdische Männer, Frauen und Kinder, die Reste von Humanität zu bewahren wußten, als alles getan wurde, um sie unmöglich zu machen. Die Unschuld der Opfer machte das Kommen des Messias möglich. Aber er kam nicht. Was statt dessen kam, waren — was die messianische Hoffnung angeht — die schrecklichsten Worte, die jüdische Ohren je hören mußten.20
Gibt es über die Expression der Pein hinaus jüdische Antworten auf die messianische Herausforderung durch die Schoa? Manche halten sich fest an jenen, die in Auschwitz ins Gas gingen — mit dem Lied auf den Lippen: „Ani maamin bewiat hamaschiach: Ich glaube an das Kommen des Messias. Auch wenn seine Ankunft sich verzögert, ich will trotzdem auf ihn warten.“ Und manche fragen: „Wie nur konnten sie gerade dort an den Messias glauben? Wie konnten sie immer noch auf ihn warten? Sie hätten es besser wissen müssen.“21 Einer, der so fragt, ist Elie Wiesel. Wenn der Messias nicht durch das Hinschlachten von einer Million Kinder bewegt werden kann zu kommen, dann gibt es keinen Messias oder er hat kein Herz voll Liebe und Anteilnahme.
Diese Klage wird in Wiesels chassidischem Gedicht „Ani Maamin“ in erschütternder Weise von den Patriarchen Israels vor Gott gebracht. Abraham, Isaak und Jakob haben sich in den Tagen der Schoa auf der Erde umgesehen und kehren in den Himmel zurück. Jeder von ihnen zählt ein zentrales Ereignis seiner eigenen Geschichte auf und gibt ein Beispiel der Vernichtung, die der Holocaust über ihre Nachkommen gebracht hat. Die Patriarchen weinen und mit ihnen die Engel. Nur Gott nicht. ER hüllt sich in Schweigen. Ein Chor klagender Stimmen schreit: „Deine Kinder flehen dich an: Hör zu und antworte!“ Aber Gott antwortet nicht. Ein Engel kommt, um Gott zu verteidigen: Wer seid ihr, die göttliche Macht in Frage zu stellen? Gott hat seine Gründe für seine Pläne. An euch ist es nicht, die Gesetze zu hinterfragen, sondern sie anzuerkennen. Am Ende wird die Erlösung kommen. Da fleht Abraham voller Klage: „Und du hast mir die messianischen Zeiten angezeigt — aber was für ein Messias ist der Messias, der sechs Millionen Tote verlangt, bevor er sich zu erkennen gibt?“ Der Engel: „Gott tröstet. Das genügt.“ Das Flehen der Patriarchen schlägt in Zorn um. Nein, das genügt nicht. Es ist unmöglich, für Bergen-Belsen „getröstet“ zu werden, Birkenau „aufzuwiegen“, Majdanek zu „vergessen“. Die Patriarchen machen sich auf, den Himmel zu verlassen, um ihrem Volk zu sagen, daß sie alle Hoffnung aufgeben. Denn es ist ihnen klar: Gott weiß — und er schweigt. Als die Patriarchen gehen wollen, stimmt der Chor Segenshymnen auf sie an, die sagen: Gott schweigt, aber die Juden, die seinen Namen verehren, werden nicht schweigen. Und so fahren die Patriarchen fort, von ihren Kindern in Auschwitz zu erzählen, die entschlossen sind, nicht der Verzweiflung anheimzufallen, sondern weiter auf den Messias zu hoffen. Von diesen erneuten Schilderungen bewegt, weint Gott — dem Blick Abrahams, Isaaks und Jakobs entzogen. Ihr Glaube hat ihn tief bewegt, bewegt im wahrsten Sinn des Wortes, sind doch die Patriarchen nicht mehr allein: Gott begleitet sie weinend, lächelnd, murmelnd. Am Ende sagt Gott: „Man hört nicht auf, Gottes Wort zu hören. Auch nicht das Schweigen der Verschwundenen.“22
Kritiker haben dieser Geschichte Elie Wiesels vorgehalten: „Wer braucht schon einen Gott, der weint und außerdem zu spät kommt? Besser keinen Gott als diesen.“ Aber Wiesel bietet keine billige Lösung eines unerschütterten Glaubens an. Es ist ein verstörter Glaube, eine tief irritierte Messiashoffnung. Aber es ist Glaube, es ist Hoffnung. Vor allem aber ist es Mahnung — Mahnung an alle — Juden wie Christen: Die Menschen und Gott bedürfen einander. Sie teilen die Verantwortung für die Erlösung der Welt und kämpfen gemeinsam gegen jene Kräfte, die Leben zerstören und verhindern. Gott ist Einer, der in unserem Leiden leidet und unserem Kampf kämpft. Wiesel läßt in seinem Roman „Die Pforten des Waldes“ die Figur des Gregor zu seiner Frau Clara sagen: Ob der Messias kommt oder ob er nicht kommt, ist nicht wichtig. Wir werden ohne ihn handeln. Wir werden ehrlich, demütig und stark sein, und dann wird er kommen — jeden Tag, tausendmal jeden Tag. Der Messias ist nicht ein Mensch, er ist die Menschheit, alle Menschen. Solange Menschen sind, wird es einen Messias geben.“23
Elie Wiesel teilt das jüdische Dilemma messianischer Hoffnung: Die Welt ist so schrecklich — warum kommt der Messias nicht? Ja, selbst wenn der Messias jetzt kommen würde, wäre es dann nicht zu spät? Sechs Millionen zu spät?
Hier ist kein Platz für ein christliches Rechten und kein Anlaß für eine christliche Siegerpose, die auf einen besseren Messiasglauben verweist, weil sie auf die Klage „Warum kommt der Messias nicht?“ mit dem Bekenntnis antworten könnte: „In Jesus von Nazaret ist der Messias schon gekommen, die Macht des Bösen ist gebrochen, unsere Welt ist bereits erlöst“? Wer als Christ oder Christin so auftrumpfen würde, würde verkennen, daß neben dem Dilemma der jüdischen Messiashoffnung das Dilemma des christlichen Christusglaubens steht. Es lautet: „Christus — der Messias — ist bereits gekommen, warum ist die Welt so schrecklich?“ Wie der eine am Noch-Nicht des Kommens des Messias leidet, so der andere an der Verborgenheit des Schon-Da der Erlösung. Der Christusglaube, der inmitten der Welt, wie sie ist, standhält, ist nicht weniger angefochten. In seinem Angefochtensein mag es auch Momente geben, in denen der Christ, die Christin sich daran aufrichtet, daß Juden, Jüdinnen nicht aufhören, ihre Messiashoffnung durchzutragen und von ihrer Erwartung des Messias oder der Königsherrschaft Gottes zu erzählen. Über die Gräben der Geschichte und der Andersheit des Glaubens hinweg stellt sich in einem solchen Moment auf eigenartige und zugleich überraschende Weise etwas von dem ein, wozu Paulus seine Gemeinde mahnt: „Einer trage des anderen Last“ (Gal 6,2). Auch die Messiashoffnung und der Christusglaube kann eine Last sein, die getragen werden will.
- J. Neusner, Messiah in Context. Israel's History and Destiny in Formative Judaism, Philadelphia 1984; ders./W. Green/E. Frerichs (Hg.), Judaism and Their Messiahs at the Turn of the Christian Era, Cambridge 1987. Die Position Neusners ist deutschsprachig mit dem Artikel zugänglich: Wann wurde das Judentum eine messianische Religion?: Concilium 29 (1993) 33-41.
- J. Moltmann, Der Weg Jesu Christi. Christologie in messianischen Dimensionen, München 1989; Concilium 29 (1993) Heft 1: Themenheft „Messias und Messianismus“; E. Stegemann (Hg.), Messias-Vorstellungen bei Juden und Christen, Stuttgart 1993; Jahrbuch für biblische Theologie 8 (1993) Der Messias; C. Thoma, Das Messiasprojekt. Theologie jüdischchristlicher Begegnung, Augsburg 1994.
- B. Klappert/H. Starck (Hg.), Umkehr und Erneuerung. Erläuterung zum Synodalbeschluß der Rheinischen Landessynode 1980, NeukirchenVluyn 1980, 265. Dem messianischen Gehalt dieses Bekenntnisses ist besonders B. Klappert nachgegangen, so zuletzt noch: Mitverantwortung aus messianischer Hoffnung, in: W. Schweitzer, Der Jude Jesus und die Völker der Welt. Ein Gespräch mit P. van Buren, Berlin 1993, 191-214. Die nicht in der Bibel anzutreffende Wendung „Messias Israels“ des Synodalbeschlusses findet sich auch im neuen Katechismus der Katholischen Kirche, München u. a. 1993, der sehr unbefangen und intensiv auf die messianische Dimension im Wirken und Leben Jesu zurückgreift; zur Wendung „Messias Israels“ siehe die Nummern 438, 528, 535 oder 578.
- So in Anlehnung an den älteren Titel: K. Schubert (Hg.), Vom Messias zum Christus. Die Fülle der Zeit in religionsgeschichtlicher und theologischer Sicht. Wien 1964.
- E. Stegemann, Welchen Sinn hat es, von Jesus als Messias zu reden?, in ders. (Hg.), MessiasVorstellungen, 81-102, 84 f.
- So nach H. Hübner, Der „Messias Israels“ und der Christus des Neuen Testaments: Kerygma und Dogma 27 (1981) 217-240, 228.
- Vgl. dazu nur die beiden Arbeiten im Jahrbuch für Biblische Theologie 8 (1993): St. Heid, Frühjüdische Messianologie in Justins „Dialog“ : 219-238 und G. Stemberger, Die Messiasfrage in den christlich-jüdischen Disputationen des Mittelalters: 239-250.
- So mit E. Stegemann, 82 und P. von der Osten-Sacken, Christologie im Gespräch mit jüdischer Theologie: BThZ 7 (1990) 157-176, 172 sowie E. Zenger, Vom christlichen Umgang mit messianischen Texten der hebräischen Bibel, in: E. Stegemann, 129-145.
- Die Zitate bei C. Thoma, Das Messiasprojekt, 134 und E. Zenger, Vom christlichen Umgang, 144. In diesen historischen Befund fügt sich auch der durchgehende Bezug des neuen Katechismus der Katholischen Kirche auf die Messianität Jesu, der allerdings einen bereits im Ersten Testament vorhandenen und klar greifbaren Messianismus voraussetzt; siehe nur die Nummern 436 bis 440 und 711 bis 716 u. ö.
- R.L.Z. Werblowsky, Artikel „Judentum“ in: Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe III (München 1991), 46-53, 53.
- F.W. Marquardt, Das christliche Bekenntnis zu Jesus, dem Juden. Eine Christologie Band 2. München 1991, 217. Zur Analyse und Wertung dieser Christologie und der darin — unter Verzicht auf den Bekenntnisnamen Christus — herausgearbeiteten messianischen Kontur siehe: H.H. Henrix, „Israel ist seinem Wesen nach formale Christologie“. Die Bedeutung H.U. von Balthasars für F.W. Marquardts Christoogie: Berliner Theologische Zeitschrift 10 (1993) 135-153.
- E. Zenger, Vom christlichen Umgang, 136. Ähnlich H. Vorgrimler, Zum Gespräch über Jesus, in: M. Marcus u. a. (Hg.), Israel und Kirche heute. Beiträge zum christichjüdischen Dialog. FS E.L. Ehrlich, Freiburg 1991, 148-160, 159. Gegenüber dem hier mit E. Zenger, C. Thoma und H. Vorgrimler gesetzten Akzent auf das Messianische Jesu als das noch Unabgegoltene, noch Ausstehende seines Werkes fällt auf, daß der neue Katechismus der Katholischen Kirche Jesus viel stärker als eine messianische Erfüllungsfigur zeichnet, siehe nur die Nummern 436 f., 529 oder 547; wie Nummer 673 f. (dort allerdings eine höchst ambivalente Aussagetendenz, derzufolge das Ausbleiben des wiederkommenden Christus der „Verstockung“ Israels zugeschrieben wird) und 840 zeigen, fehlt dort die Verheißungsdimension der Messianität Jesu nicht ganz.
- C. Thoma, Das Messiasprojekt, 140.
- Die ZweiMessiaslehre des Talmud in Sukka 52ab zitiert Thoma, Das Messiasprojekt, 166 f.
- F. Mußner, Traktat über die Juden, München 1979, 59 f. ; Die Kraft der Wurzel. Judentum — Jesus — Kirche, Freiburg 1987, 48 ff.; Dieses Geschlecht wird nicht vergehen. Judentum und Kirche, Freiburg 1991, 33 ff.
- Die neuen Perspektiven kirchlicher, ja päpstlicher Israellehre sind zusammenfassend skizziert in: H. H. Henrix, Dialog, nicht Proselytenmacherei. Zur Frage der Judenmission: Stimmen der Zeit 118 (1993) 679-690, 684 f.
- C. Thoma, Das Messiasprojekt, 140 f.
- Vgl. nur G. Scholem, Zum Verständnis der messianischen Idee im Judentum, in: ders., Judaica 1, Frankfurt 1963, 774 und Sabbatai Zwi, Der mystische Messias (1957), Frankfurt 1992.
- Die oben erschlossene Möglichkeit christlicher Bejahung jüdischer Messiashoffnung läßt sich nicht unvermittelt auf eine konkrete Aktualisierung jüdischer Mes ' siashoffnung applizieren, sondern hat allgemein das Grunddatum jüdischer Glaubens und Hoffnungstradition im Blick, das mit einem noch kommenden Messias rechnet. Zur aktuellen messianischen Kontroverse um den Lubawitscher Rebbe Schneerson siehe: Israel: Streit um den Messias, in: KNAOkumenische Informationen Nr. 12 vom 18. März 1992, 23; D. Krochmalnik, Wann kommt endlich der Messias?, in: Mitteilungsblatt der Israelitischen Kultusgemeinde in Bayern vom Mai 1993, 23 ff. Eine sehr lehrreiche Skizze der messianischen Positionen in der jüdischen Orthodoxie der Gegenwart bietet D. Biale, Kommt der Erlöser? Kommt die Erlösung? Zum Verhältnis von Messianismus und Orthodoxie, in: A. Nachama u. a. (Hg.), Jüdische Lebenswelten. Essays, Berlin/Frankfurt 1991, 50-67. Einen nach wie vor gültigen Überblick über die Differenzierung des neuzeitlichen jüdischen Messianismus enthält Sch. BenChorin, Jüdischer Glaube, Tübingen 1975, 277-298.
- E. Fackenheim, What is Judaism? An Interpretation for the Present Age, New York 1987, 264 f.
- R. McAfee Brown, Elie Wiesel. Zeuge für die Menschheit, Freiburg 1980, 158.
- Erzählt nach: ebd., 158160 und 170-172.
- Zitiert nach D.B. Batstone, The Transformation of the Messianic Idea in Judaism and Christianity in Light of the Holocaust: Reflections on the Writings of Elie Wiesel: JES 23 (Fall 1986) 587-600, 597.
Jahrgang 1 — 1993/94 Seiten 254-268