Rehabilitierung
In der Nazizeit haben aus politischen oder „rassischen“ Gründen Tausende ihren Doktortitel verloren, weil sie Juden, Sozialdemokraten oder Kommunisten waren oder weil sie vor der Verfolgung der Nazis ins Exil flohen. Zwar wurde in den fünfziger Jahren von der westdeutschen Rektorenkonferenz empfohlen, die zu Unrecht entzogenen Titel wiederzuverleihen, doch verhallte diese Empfehlung ohne Konsequenzen. Nur wenige haben ihren Titel nach langen und entwürdigenden Auseinandersetzungen zurückerhalten. Erst spät aber dennoch eines anderen besonnen hat sich die Goethe-Universität in Frankfurt. Auf Initiative der Naturwissenschaftlichen Fakultät beschloß die Universität, die politisch oder „rassisch“ bedingte Aberkennung von Doktorgraden als nichtig anzusehen und aufzuheben. Unter den zehn ersten Namen ist Friedrich Dessauer, der Begründer der Biophysik, der sich 1938 vor der Judenverfolgung ins Ausland rettete. Die anderen Fakultäten der Goethe-Universität wollen diesem Beispiel bald folgen. Wenn andere Universitäten nicht in nächster Zeit sich ebenfalls dazu durchringen, wird das Problem durch den Tod gelöst.
Ein Kibbuz arbeitet für den Dialog
Im Norden Israels wurde Givat Haviva gegründet, ein Seminarzentrum der Kibbuz-Azzi-Bewegung. Es liegt etwa eine Stunde nördlich von Tel Aviv. Hier werden Arabisch-Lektionen, Demokratie-Kurse und Orientalistik-Lektionen angeboten. Palästinenser aus den besetzten Gebieten werden auf die Autonomie vorbereitet. Dort sollen Palästinenser israelische Probleme und Israelis Probleme der Palästinenser kennenlernen. Bilder von steinewerfenden Palästinensern sind aus dem Fernsehen bekannt. In Givat Haviva können Besucher erfahren, daß auch ein Dialog mit Arabern möglich und sinnvoll ist.
Es werden Reisen entlang der Grünen Grenze angeboten sowie ein Besuch der Flüchtlingslager in den besetzten Gebieten. Je nach Interesse der Besuchergruppe werden auch spezielle Programme zusammengestellt. Die Arbeit von Givat Haviva wurde im vergangenen Jahr anerkannt, als den Mitarbeitern der Preis des israelischen Erziehungsministeriums überreicht wurde.
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Jahrgang 2/1995 Seite 70