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Trampe, Gustav (Hg.)

Menschlichkeit in unmenschlicher Zeit

Allee der Gerechten. Ullstein Verlag, Berlin 1995. 162 Seiten.

Das Buch, das von dem bekannten Fernsehjournalisten herausgegeben wurde, wendet sich an solche, die die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem noch nicht besucht haben und will in einer schlichten Art und einfachen Sprache darüber informieren. Das zeigen schon die Zeichnungen und Karten auf der Innenseite der Umschläge: eine übersichtliche Lageskizze für Besucher der Gedenkstätte mit der Lage der Ehrenmauer (auch Gedenkwand genannt) für solche „Gerechten unter den Völkern“, die in der „Allee der Gerechten“ keinen Platz mehr fanden für Johannisbrotbäume mit Tafeln. Dazu gehören auch die Landkarten über das von den Nazis 1942 kontrollierte Gebiet in Europa sowie über die Konzentrationslager und ihre Außenkommandos (1939-1945). Das Fotomaterial von Tanja Langer und Pavel Sticha zeigt selektiv von allem etwas: die Allee der Gerechten (aber leider keine Fotos von der neuen Ehrenmauer), den Viehwaggon, Denkmäler und Kunstwerke, die sich mit dem Thema befassen, Aufnahmen aus dem historischen Museum.

Der Herausgeber selbst beschreibt kurz das Schicksal der Juden in der Nazi-Zeit. Uwe Langer führt in die Gedenkstätte ein und gibt einen Überblick über die „Gerechten unter den Völkern“, verteilt nach Nationen. Dabei stehen Polen mit 3.959 und die Niederlande mit 3.608 bei weitem an erster Stelle. Deutsche „Gerechte“ gibt es gerade 271 (inzwischen sind einige hinzugekommen).

Im Hauptteil zeichnet Uwe Langer in „Kurzgeschichten“ Beispiele von „Gerechten unter den Völkern“, deren Namen kursiv gekennzeichnet sind und als solche gelten, die diesen Titel erhalten haben und in Yad Vashem verewigt sind. Dabei beginnt er mit Deutschland, und zwar mit Berlin als Zentrum der Nazi-Herrschaft und weitet seine kurzen Lebensbeschreibungen auf weitere Nationen aus. Er beschränkt sich auf eine kleine Auswahl der 10.000 Gerechten, um dem Ziel der Broschüre als kurzer Informationsschrift gerecht zu werden. Zwischen den einzelnen Kapiteln eingestreut finden sich Illustrationen von Nikolai Makarov, schemenhafte Abbildungen von Juden auf ihrem Weg durch diese Jahre ihrer unmenschlichen Geschichte.

Eine Chronik des Terrors schließt sich an und hält, nach Jahren geordnet, kurz die Vorgänge der Judenverfolgungen fest. Für den „Anfänger“, der in die Materie eindringen möchte, ist das Buch eine nützliche erste Information. Als weiteres Ziel dieses Buches nennt Gustav Trampe die Informationsnotwendigkeit über die „Menschlichkeit in unmenschlicher Zeit“: „Dieses Buch stellt Menschen vor, die während der Nazi-Zeit Juden vor der Verfolgung und dem sicheren Tod gerettet haben. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind ihre Namen — auch die der deutschen Helfer — bei uns so gut wie unbekannt. Nach kaum einem ist eine Straße in Deutschland benannt. Nur wenige wurden für ihre Hilfe ausgezeichnet“ (21). Hier liegt in Deutschland ein großer Nachholbedarf vor, auf den dieses Buch zu Recht hinweisen möchte. Denn die wenigen deutschen „Gerechten unter den Völkern“ sind es, die einer unserer Geschichte unwürdigen Zeit ein wenig Würde geben.

Bernd Bothe


Jahrgang 3/1996 Seite 219



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