Der Untergang des jüdischen Königreichs oder die andere Geschichte von Herodes. Titel der französischen Originalausgabe: „Masada, Histoire et Symbole“. Editions Albin Michel, Paris 1995. Aus dem Französischen von Hans Till. Wagenbach, Berlin 1995. 143 Seiten.
Das Buch stellt eine bemerkenswerte Zusammenfassung von Informationen und Überlegungen zu Masada dar, jener berühmten Festung, die von den Römern nach einer lange dauernden Erhebung der Juden gegen Rom (66-73) erobert wurde, wie der Historiker Flavius Josephus berichtet. Die Verteidiger zogen den kollektiven Selbstmord der Sklaverei vor. Ihre Haltung hat symbolischen Wert bekommen.
Die Autorin beschreibt zuerst die geographische Lage von Masada, gelegen auf einem steilen Felsen am Ufer des Toten Meeres. In der Einleitung werden einige Reiseberichte wiedergegeben. Dieser Ort war bis zum 19. Jh. fast in Vergessenheit geraten.
Das 1. Kapitel behandelt die Geschichte von Masada, die uns durch Flavius Josephus in seinen Werken „De Bello Judaico“ überliefert ist. Die Frage nach dem Gründer von Masada bleibt offen, wir wissen aber, daß Herodes dort wichtige Arbeiten durchgeführt hat, denen wir diese nahezu uneinnehmbare Festung verdanken. Im Jahre 66 wurde Masada von einer Gruppe von Sikariern besetzt, die die dort stationierte römische Garnison niedermetztelten. Die Sikarier waren überall zu finden, besonders im Jahre 73 nach der Niederbrennung des Tempels und nach der Einnahme von Jerusalem.
Im 2. Kapitel wird das Ende von Masada geschildert, der tragische Ausgang der Schlacht um diese immer wieder faszinierende Festung. Das Datum des Falls von Masada und die Organisation der Belagerung werden ins Gedächtnis gerufen, besonders aber die berühmte Rede, die Eleazar ben Yair, dem Anführer der Sikarier, in den Mund gelegt wird. Seinem Aufruf zum Selbstmord liegt die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele zugrunde.
Das 3. Kapitel bezieht sich auf die Archäologie von Masada, das Gegenstand eines sachlichen Berichtes ist und dokumentiert.
Das 4. und letzte Kapitel beschreibt den Übergang von der Geschichte zum Mythos. Das hebräische Gedicht auf Masada (1927), ein Werk von Isaac Lamdan, der ukrainischer Abstammung ist, bietet jungen Zionisten, die sich im Heiligen Land niedergelassen haben, eine packende Meditation über das Schicksal eines Juden. Die Jugend der Pioniergeneration sah sich schon vor der Gründung des Staates Israel von der faszinierenden Lage angezogen, und dieser Anreiz hatte die Ausgrabungen von Masada in mehreren Etappen zur Folge. Yigael Yadin machte dort von 1963-1966 sensationelle Entdeckungen. Der Mythos von Masada hat in der folgenden Zeit zahlreiche Diskussionen entfacht, aber auch die jährlich 600 000 Besucher bezeugen die anhaltende Faszination.
Die Auszüge aus den sieben Büchern „De Bellum Judaicum“, verschiedene Karten, eine Chronologie und eine Bibliographie vervollständigen das Buch, das ebenso klug wie leidenschaftlich geschrieben ist.
Esther Starobinski-Safran (Aus dem Französischen übersetzt: Red.)
Jahrgang 3/1996 Seite 282