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Hessing, Jakob (Hg.)

Jüdischer Almanach 1995 des Leo Baeck Instituts

Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1994. 192 Seiten.

Der Jüdische Almanach 1995 stellt ein Gewebe unterschiedlichster Stoffe, Farben, Fäden dar, die alles in allem ein interessantes Muster an Themen und Eindrücken ergeben. Nur einige Beispiele: Paul Celan und seine Gedichte bilden den Hintergrund der ersten Beiträge; sie wollen das Geheimnis der „Majestät des Absurden“ in seiner unbezwingbaren Fremdheit und Einsamkeit bewahren. Fünf Gedichte von Sarah Kirsch sind fünf Seiten Nachdenk-Tiefe. Zur jüdischen Geschichte finden sich Themen wie „Die Wiederentdeckung der Hagada im 19. Jahrhundert“, die „Ethik im alten Aschkenas“, dargestellt am „Brantspigel“, oder ein Beitrag über die charismatisch-zionistische Persönlichkeit Achad‘am. Die Briefe Gertrud Kolmars an Jacob Picard aus den Jahren 1937-1939 sind beredte Dokumente über die Schriftstellerin, die ein Opfer der Nazidiktatur wurde.

Dem jüdisch-christlichen Dialog sind zwei Beiträge gewidmet. Im ersten weist Edna Brocke auf die „Aporie“ eines solchen Gespräches hin, wenn die wesentlichen Unterschiede beider Religionen nicht klar zur Sprache gebracht und ausgehalten werden. Im zweiten schreibt Wilhelm Bruners das lukanische Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“ weiter, in dem er den älteren und den jüngeren Bruder mit dem Judentum und dem Christentum identifiziert. Und er schreibt: „Die Geschichte ist offen. Wir haben noch die Chance, eine Hoffnungs-, am Ende eine Liebesgeschichte daraus zu machen, solange es Juden und Christen auf dieser Erde gibt.“

Zum Schluß weitet er diesen Dialog auf einen dritten Bruder aus: auf den Islam. Ein Beitrag über das Jüdische in der Musik Gustav Mahlers und über die wertvolle Hebraica-Sammlung von Salman Schocken runden das vielschichtige Gewebe des Almanachs ab. Zum Schluß und zum Nachdenken sei noch ein Ausschnitt aus einem Gedicht Paul Celans zitiert:

Von deinem Gott war die Rede, ich sprach
gegen ihn, ich
ließ das Herz, das ich hatte,
hoffen:
auf
sein höchstes, umröcheltes, sein
haderndes Wort —.

Herbert Winklehner


Jahrgang 3/1996 Seite 285



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