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Zenger, Erich (Hg.)

Die Tora als Kanon für Juden und Christen

Herders Biblische Studien 10. Herder, Freiburg 1996. 419 Seiten.

Der Band enthält die überarbeiteten Referate der Tagung der „Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger katholischer Alttestamentler“ vom 30. August bis 2. September 1994. Nach dem vorangegangenen Tagungsthema „Der Neue Bund im Alten“ (1993) wird erneut eine für den jüdisch-christlichen Dialog eminent wichtige Frage und theologische Problematik aufgenommen. Die Formulierungen der Einzelbeiträge lassen bereits erahnen, daß diese Fragestellung äußerst vielschichtig ist und tief in die Konstitution der alttestamentlichen Literatur wie auch in ihre kanongeschichtliche Rezeption hineinreicht. Zenger gibt einen einführenden problemorientierten Forschungsüberblick zum „Pentateuch als Tora und als Kanon“. Christoph Dohmen und Georg Braulik gehen ebenfalls von der Tora im engeren Sinne aus, indem der Pentateuch durch seine besondere Autorität schon in der inneralttestamentlichen Rezeption seine Wirkung entfaltet. „Toratheologie“ läßt sich aber auch im Jesajabuch (Irmtraud Fischer) wie bei Maleachi (Josef Marius Oesch) erkennen. Unter dem Aspekt „Torabindung und Kanonabschluß“ lassen sich schließlich auch die Chronikbücher (Georg Steins) erfassen. Solche exemplarische Analysen ließen sich gewiß an zahlreichen weiteren atl. Schriften durchführen (wie G. Braulik an Ijob, Sprichwörtern, Rut vom Deuteronomium her aufzeigt).

Eine wichtige Vertiefung und Horizontausweitung bieten die judaistischen Beiträge, die dem üblichen exegetischen Verständnis bisweilen heilsame Modifikationen anbieten. Karlheinz Müller etwa zeigt am Verhältnis von Tora und Halacha, daß das exegetische Modell der nachbiblischen Aktualisierung von fix vorgegebenen biblischen Textgrößen ohne Beachtung der hinter diesen faßbaren torarelevanten „Stoffe“ und „belangreichen halachischen Materie“ (266) für das frühjüdische Verständnis von Tora nicht zutreffend ist. Aber auch die von Günter Stemberger mit zahlreichen Textbeispielen illustrierte rabbinische Torareflexion muß deren spezifische dialektische Struktur in Rechnung stellen. Auch von daher ist die punktuell textbezogene Torakanonizität zu hinterfragen. Der innerjüdische Spezialfall der Torarezeption in Qumran (Heinz-Josef Fabry) läßt das Toraverständnis und die Gestalt des „Toraerteilers“ aus einer (nur noch dem Urchristentum vergleichbaren) „eschatologische(n) Dynamik“ (322) begreifen. Abschließend sind die beiden ntl. Beiträge einerseits dem Verhältnis Jesu zur Tora (Gerhard Dautzenberg) in teilweise scharfer Absetzung gegenüber der verbreiteten Ansicht, daß Jesu Torakritik mit sein Schicksal besiegelt habe, und andererseits der Tora Gottes im Matthäusevangelium (Hubert Frankemölle) gewidmet. Jeder Beitrag enthält weiterführende und vertiefende Literatur. Leider fehlt jedes Register. Auch wäre eine zusammenfassende Wiedergabe der Diskussion zu diesem brisanten Thema gewiß hilfreich.

Robert Oberforcher


Jahrgang 5/1998 Seite 142



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