Studium in Israel. Neuhausen 1997. 191 Seiten.
Die zweiundfünfzig Predigtentwürfe bzw. Skizzen — so sollte man sie benennen und nicht mit dem Modewort „Predigtmeditationen“ — stellen ein respektables Reservoir von Predigtgedanken und Anleitungen dar. Die einzelnen Entwürfe zu der Epistel-Lesung des evangelischen Sonn- und Festtagsgottesdienstes sind unterschiedlich gut differenziert, wobei die Regel greift: Annäherung (Information) über den Text (1), homiletische Entscheidungen (2), Kontexte (3), Ausweitung auf die übrige Liturgie [Gebete und Lieder] (4) und Literatur (5). Die Kontexte sind häufig aus Talmud und Midrasch (Strack-Billerbeck) oder aus der chassidischen Tradition genommen. Ein systemkritischer Satz wie „der totale Sieg des Kapitalismus 1989 birgt den Tod der Gesellschaft bereits in sich“ (137) bleibt die Ausnahme innerhalb der durchaus nicht obrigkeitshörigen Predigten. Gleichsam als Nebenprodukt, jedoch voll beabsichtigt, ist die Ausmerzung antijudaistischer Vorurteile in der Predigtpraxis angezielt. Ehemalige Absolventinnen und Absolventen eines Studienjahres an der Hebräischen Universität Jerusalem sind die Autoren/Autorinnen. Ein Beitrag stammt von Michael Krupp, Jerusalem (155-158). Es liegt eine wirkliche Breitenarbeit vor, von der man nur wünschen kann, daß möglichst viele Berufsprediger/innen davon animiert werden.
Alwin Renker
Jahrgang 5/1998 Seite 212