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Mandel, Gabriele

Gott hat neunundneunzig Namen

Die spirituelle Botschaft des Korans. Aus dem Italienischen übersetzt von Madeleine Windisch-Graetz. Pattloch Verlag, Augsburg 1997. 280 Seiten.

„Wenn es stimmt, daß die Krise des Christentums im Kern eine Gotteskrise ist, dann haben Christen allerdings Lernbedarf bei den Muslimen“ (9). So begründet der Verlag die Übernahme des Buches. Der Autor — Künstler, Psychologe und Mystiker — versucht zunächst, in das Geheimnis der Namen Gottes im Islam einzuführen (11) und einen Einblick in die Herausbildung islamischer Theologie und Mystik zu geben, mit besonderem Hinweis auf den Beitrag der Türkvölker und der Perser. Die 99 Namen bezeichnen Attribute Gottes, mit Hilfe derer islamische Theologen das Wesen Gottes zu erfassen strebten. Die über das Meditieren seiner „Namen“ bewirkte geistige Annäherung an Gott soll ethische Konsequenzen haben: jene Eigenschaften im eigenen Leben zu verwirklichen. Im Hauptteil des Buches behandelt Mandel in 99 Kapiteln je einen der Gottesnamen. Zunächst gibt er die Koranstelle an, die jenes Attribut Gottes erwähnt oder aus der es erschlossen werden kann. Dann umschreibt er das Attribut, leitet es etymologisch her, zitiert einschlägige Koranverse und aus Schriften islamischer Theologen und Mystiker und schließt mit Hinweisen auf eine der göttlichen Eigenschaft entsprechenden Sittlichkeit. Am Ende des Kapitels erläutert Mandel den Eigennamen, der entsteht, wenn man den Gottesnamen als Bestandteil eines Personennamens verwendet. Der Namensteil ist informativ. Ansonsten weist das Buch Schlagseite auf.

Die Übersetzerin kommt schwer zurecht, weil türkische, arabische und persische Termini uneinheitlich verwendet werden. Fehler, Widersprüche und Unschärfen folgen daraus. Andere Ungereimtheiten sind direkt auf die Position des Verfassers zurückzuführen. Sätze wie „Die Ankunft der Türken und Perser, die gebildeter waren (als die Araber) und aus Jahrtausende alten Kulturen schöpften, bedeutete einen beachtlichen Fortschritt in der Theologie ...“ (18) machen den Leser mißtrauisch. Aussagen, die das Geschichtswissen einschließlich des religionsgeschichtlichen Wissens aus der europäischen, chinesischen, indischen usw. Forschung nicht berücksichtigen, sind irreführend. Insofern ist das Buch nicht geeignet, Lernbedarf von Juden und Christen zu befriedigen. Das ist bedauerlich, besonders bei einem äußerlich so aufwendig gestalteten Buch.

Ursula Speckamp


Jahrgang 5/1998 Seite 215



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