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Frank, Meta

„Schalom, meine Heimat“

Hg. vom Verein für hessische Geschichte und Landeskunde e. V., Hofgeismar 1995. 170 Seiten.

Meta Frank, geb. Königsthal, verließ als 20jährige mit ihrem Ehemann ihre Vaterstadt Karlshafen. Ihr Mann war schon 1933 als Medizinstudent von der Universität verwiesen worden. Nach über 60 Jahren ihres gemeinsamen Emigrantendaseins in Palästina/Israel besuchte die Witwe wieder ihre alte Heimat. Dort wurde sie zum Abschluß ihrer tagebuchartig begonnenen Lebenserinnerungen ermutigt. Die Niederschrift enthüllt ein Schicksal, umdüstert von der besonderen Tragik, die gerade deutsche Juden traf und die sie — als Jeckes — in Israel oft bis heute nicht abschütteln können. „Wir haben unser Leben lang eine Heimat für uns und unsere Nachkommen gesucht. Aber irgendwie hatten wir beide das Gefühl, zwischen zwei Welten hängengeblieben zu sein.“ Weder sie noch ihr Mann konnten sich mit der Lebensweise in einer für sie abartigen Welt voll abfinden. Die Verpflanzung aus der gepflegten Atmosphäre einer der schönsten deutschen Kulturlandschaften (heute „Märchenstraße“ an der Weser genannt) geradewegs in eine von Fieber und Ungeziefer verseuchte Küstenregion in Palästina stellte für sie eine extreme Anforderung dar. Ihre angeborene Scheu und Zurückhaltung, vor allem die unlösbare Bindung an ein deutsch-bürgerliches Lebensideal hindern sie, Kontakt mit fremdartigen Menschen aufzunehmen. Angesichts der Mentalität ihrer bulgarischen Moschaw-Nachbarn ist sie ratlos, und sie ist entsetzt über den Lebensstil der als feindlich erlebten arabischen Landbevölkerung. Das „Sammelsurium“ ethnischer Gruppen isoliert sie. Erschwerend kam für die junge Meta — sogleich in Malka umbenannt — hinzu, daß sie, ohne zionistische Vorbereitung, auch ohne jede Vorahnung war, welch harte Pionierarbeit sie erwartete. Aus individualistischem Selbstbewußtsein lehnte sie die rigoros-sozialistische Verfassung des frühen Kibbuzwesens ab. Vom ersten Tag an bedeutete die Alijah für sie ein immer neues, traumatisches Schockerlebnis. „Es war mir, als ob ich vorn Himmel auf die Erde gestürzt wäre.“ Finanzielle Bedrängnis, Krankheiten, Erschöpfung, Ängste — daraus ergibt sich ein realistisches Bild von den Nöten in den mühsamen Anfangsphasen der „Heimstätte Palästina“. Als zusätzliche Existenzbedrohung werden die Unruhen und Kriegsereignisse vor und nach der Gründung des Staates Israel erlebt. Auf dem Hintergrund allgemeiner wie ganz persönlicher Erfahrungen entsteht das Persönlichkeitsbild einer tapferen Frau.

Hildegard Schernus


Jahrgang 5/1998 Seite 294



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