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Hackett, David A. (Hg.)

Der Buchenwaldreport

Bericht über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar. Verlag C. H. Beck, München 21997. 456 Seiten.

Gleich nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald am 11. April 1945 wurde von einer Gruppe ausgewählter Häftlinge ein umfassender Bericht über das Konzentrationslager erstellt. Dies geschah auf Initiative des jüdischen US-Offiziers Albert G. Rosenberg, der als Leiter eines intelligence teams die Aufgabe hatte, Erkenntnisse über die Geschichte des Buchenwalder Konzentrationslagers und die Zustände im Lager zu sammeln. Zur Unterstützung der Arbeit gründeten die befreiten Lagerinsassen ein Komitee unter dem Vorsitz des Österreichers Eugen Kogon (1903-1987), dessen Buch „Der SS-Staat“ (1949) heute zu den Standardwerken über die NS-Diktatur gehört. Innerhalb von vier Wochen entstand ein umfassendes Manuskript. Dieses Material — das über Jahrzehnte hinweg als verschollen bzw. als in den amerikanischen Kriegsarchiven verschwunden galt — ist nun erstmals in seiner Gesamtheit in deutscher Sprache erschienen und stellt somit ein äußerst wichtiges Dokument zur Geschichte der NS-Diktatur dar. Der Herausgeber, Professor für Geschichte an der Universität von Texas, El Paso, garantiert im Vorwort zur deutschen Ausgabe, daß der Text „vollständig und ungekürzt“ erscheint und „in jeder Hinsicht genau dem Originalmanuskript“ entspricht. Er selbst hat versucht, jeden Namen und jedes historische Detail noch einmal aus anderen Zeugenaussagen oder Dokumenten zu überprüfen, so daß nur solide historische Fakten berichtet werden. Der Bericht ist demnach die Dokumentierung eines von Grunde auf korrupten und menschenverachtenden Systems, wobei Worte wie „brutal“ oder „grausam“ reine Hilfswörter bleiben. Unbeschreibliche Grausamkeit, Brutalität und Menschenverachtung standen in Buchenwald an der Tagesordnung. Es wird allerdings ebenso deutlich, daß auch das unmenschlichste System es nicht zustande bringt, die Menschlichkeit völlig zu vernichten. Der Buchenwald-Report zeigt, daß gerade die Opfer der Unmenschlichkeit durch ein Höchstmaß an Menschlichkeit zu den Siegern wurden. Der erste Teil des Berichtes gibt eine Zusammenfassung über das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar. Die SS und deren Machtstrukturen im Lager werden genau geschildert. Des weiteren werden die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Häftlinge dargestellt, die sanitären Zustände, Strafaktionen, die Brutalität der SS und deren Helfershelfer. Schließlich wird das dramatische Ende des Lagers und dessen Befreiung durch die US-Streitkräfte im April 1945 dokumentiert. Genaue statistische Angaben über Häftlingszahlen, Zugänge, Entlassungen und Sterbefälle und deren Nationalitäten ergänzen den Bericht. Dazu kommen die Erfahrungsberichte von ca. 120 Häftlingen. Das Schlemmerleben und die Korruption der SS wird dabei ebenso geschildert wie der Aufbau des antifaschistischen Kampfes der einzelnen Nationalitätsgruppen des Lagers. Das Lagerleben, die Arbeitskommandos, die Lagerstrafen, Sonderaktionen und -einrichtungen in Buchenwald zeichnen akribisch genau ein Tagebuch des Schreckens, ein Dokument menschlicher Grausamkeit.

Herbert Winklehner


Jahrgang 5/1998 Seite 301



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