Ein biographisches Verzeichnis. Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn. Hartung-Gorre-Verlag, Konstanz 1998. 236 Seiten.
Zum 50-Jahr-Jubiläum des Staates Israel hat Hedwig Brenner zeitgerecht ein Verzeichnis von 199 jüdischen Künstlerinnen herausgegeben, kurze Biographien bekannter und unbekannter jüdischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Textilkünstlerinnen, mit einer allerdings sehr kursorischen Erwähnung von Arbeitsweise und Stilrichtung. Die einzige Gemeinsamkeit dieser Frauen — ihre Zugehörigkeit zum Judentum — ist sehr unterschiedlich. Manche sind religiös, viele gleichgültig, einige von anderen Religionen (Zen, Christentum) angezogen. Sie stammen zum größten Teil aus Osteuropa. Viele leben in den Vereinigten Staaten, wohin ihre Eltern oder sie selber geflohen waren.
Mädchen und Frauen hatten es in Osteuropa im Schtetl und in orthodoxen Familien schwer, ihr Talent wahrzunehmen und zu entfalten. Einmal aufgrund der Tradition, daß Frauen sich nur um Haus und Kinder zu kümmern hatten und zum anderen auch wegen des biblischen Bilderverbots. Doch der Drang, sich malerisch auszudrücken, war oft so stark, daß diese begabten Frauen nicht widerstehen konnten. Einige von ihnen, besonders in Westeuropa und den USA, wurden von ihren Eltern auch gefördert und erhielten hochkarätigen Unterricht bei großen Meistern wie Matisse und Chagall, so z. B. Anna Andersch-Marcus (Yeruham, Israel), die dann auch bereits in Deutschland bekannt wurde. Nach dem Krieg erhielt sie Aufträge der britischen Besatzungsmacht und hatte mit ihren Kirchen- und Synagogenfenstern Erfolg. Sie war auch auf vielen namhaften Ausstellungen in Europa und seit 1986 in Israel vertreten. Andere versuchten von Freunden zu lernen oder durch „learning-by-doing“. Die Holocaust-Überlebenden fanden später weltweit Anerkennung, vor allem natürlich in Israel. Ihre Werke haben in Museen und Privatsammlungen Eingang gefunden. Die Stilrichtung der Künstlerinnen ist überaus verschieden und eigenwillig und zeugt von der Individualität der Persönlichkeiten.
Das Vorwort (Margarita Pazi s. A.), die kurze Einführung in die „Charakteristika jüdischer Künstlerinnen“ (H. Brenner) und die „Pionierarbeit für jüdische Künstlerinnen“ (E. R. Wiehn) sind aufschlußreich. Das Nachwort (Pnina Navè Levinson s. A., vgl. FrRu 6[1999]67) geht auf das „Bilderverbot“ in der Bibel ein. Leider enthält das Buch nur wenige Abbildungen, wo doch gerade Bildmaterial in einem Buch über Malerinnen wichtig wäre.
Eva Auf der Maur
Jahrgang 6/1999 Seite 134