Prof. R. J. Zwi Werblowsky von der Hebräischen Universität Jerusalem kommentierte in der Jerusalem Post vom 4. Juni 1999 die Entfernung der Kreuze in Auschwitz (vgl. FrRu6[1999]315 f.):
In der Presse und in den Medien wurde die Entfernung der in Auschwitz von polnisch-katholischen Neonazi-Fanatikern aufgestellten Kreuze als ein bedeutender Triumph der Interventionen und des Druckes jüdischer Gruppen und Organisationen gewertet. Wie schade! Historiker und Theologen (katholische und protestantische) sind einstimmig der Meinung, daß, obwohl der Nazismus eine grundsätzlich antichristliche Ideologie war, die Schoa ohne die vorausgegangenen Jahrhunderte christlicher Lehre, die in der europäischen Zivilisation den Boden dafür bereitet hat, nicht möglich gewesen wäre. Auschwitz ist nicht nur die Geschichte der Schoa, sondern auch ihre Vorgeschichte. Wenn jemand daran gelegen sein könnte, die Kreuze zu entfernen, dann vor allem den Kirchen, um die Erinnerung an die tödliche antijüdische Vergangenheit – man könnte auch von einer „historischen Komplizenschaft“ sprechen – auszulöschen. Juden dagegen sollten darauf bestehen, daß dieses Zeichen der Erinnerung aktueller Geschichte weiterhin in Großbuchstaben sichtbar bleibt. Daß die Entfernung der Kreuze als ein großer jüdischer Triumph gefeiert wird, zeigt, wie wenig an echt jüdischem Verständnis hinter den gegenwärtigen jüdischen Einmischungen steckt.
Dr. Rudolf Liebig, Rohrbach/Gölsen (Österreich), ergänzt zur Studie „Antisemitismus, Schoa und Kirche“ (FrRu6[1999]262-279):
Das Tempellogion bei Mk 14,58 stammt kaum von Jesus. Es könnte in den Kreisen des Jerusalemer hellenistischen Judentums entstanden sein (vgl. Apg 6,13 f.). Es ist auch denkbar, daß im Rückblick auf die Tempelzerstörung i. J. 70 n. Chr. die Kultkritik Jesu (vgl. Mk 12,33 f.; Mt 9,13) von der Urkirche mit dem Tempellogion verdeutlicht wurde (vgl. dazu Kertelge, Hg., Der Prozeß Jesu, Freiburg 1988, S. 18, 224). Da in den Jahren nach Jesu Tod Jerusalemer Christen täglich im Tempel weilten (vgl. Lk 24,53; Apg 2,46), kann es keine „sehr starke Ablehnung des Tempels durch Jesus“ gegeben haben. Eine Verurteilung Jesu durch das jüdische Synedrium hat nicht stattgefunden (so Kertelge, S. 7). Wenn ein jüdisches Gericht ein Todesurteil (für dessen Vollstreckung die Erlaubnis des Statthalters Pilatus notwendig gewesen wäre) ausgesprochen hätte, wäre Jesus gesteinigt (oder enthauptet) worden. Die politische Kreuzesaufschrift „König der Juden“ und die Kreuzigung als römische Hinrichtungsart setzen eine Verurteilung durch eine römische Gerichtsbehörde und Pontius Pilatus voraus.
C. C. Aronsfeld, Harrow, England, erinnert an einen kirchlichen Kommentar zu den Kreuzzügen (FrRu6[1999]318):
Zu der gegenwärtigen Erinnerung an den 1. Kreuzzug vor 900 Jahren möchte ich auf eine Erklärung von Kardinal Innitzer aufmerksam machen, die Ende 1932 in der Wiener katholischen Zeitschrift „Schönere Zukunft“ erschien. Dort schrieb der Kardinal: „Die Absicht war zweifellos eine gute. Die Form der Ausführung entsprach aber leider der Gerechtigkeit Christi nicht ... Die Art der Kriegsführung überschritt weit die Schranken der Gerechtigkeit und Liebe. Die Kreuzfahrer ließen sich schon auf dem 1. Kreuzzug, auf dem Weg nach Palästina, verdammungswürdige Judenmorde und Brandschatzungen zuschulden kommen. In Jerusalem richtete das christliche Schwert auch unter den Frauen und Kindern der Muslime ein fürchterliches Blutbad an, und dann zog man in tiefer Andacht zum Grabe des Erlösers ... Der Segen Gottes ruhte auf den Kreuzzügen nicht. Auffallend viele Unglücksfälle, der rasche Tod des Kaisers Konrad III., Friedrich I. Barbarossa, Heinrich IV., Friedrich II. und andere merkwürdige Ereignisse zeigten, daß die Kreuzzüge, jedenfalls in ihrer Art der Durchführung, dem Willen Gottes nicht entsprachen ... Wir wollen nicht alles, was in der Kirche vorgekommen ist und vorkommt, apologetisch zu rechtfertigen suchen. Schatten bleibt Schatten.“
Jahrgang 7/2000 Seite 78