Rothschild, Fritz A. (Hg.)
Fünf jüdische Denker des 20. Jahrhunderts über das Christentum und sein Verhältnis zum Judentum. Institut Kirche und Judentum (VIKJ 25), Berlin/Düsseldorf 1998. 380 Seiten.
Dem Herausgeber dieses Buches, dem Emeritus für jüdische Philosophie am Jüdisch-Theologischen Seminar in New York, Fritz Rothschild, gelingt es, christliche und jüdische Theologen zu einer Tafelrunde zu versammeln, die es so in Wirklichkeit nie gegeben hat. Und doch sind die Gesprächsbeiträge außerordentlich spannend und mit großem Gewinn für alle am christlich-jüdischen Gespräch Interessierten zu lesen.
Rothschild, dem in seiner Jugend in einem südhessischen Dorf selbst das Gespräch verweigert wurde und der das nationalsozialistische Deutschland gerade noch verlassen konnte, erweist sich als ein Meister der dialogischen Inszenierung. Mit feinem Gespür stellt er sonst schwer greifbare Originaltexte von jüdischen Theologen wie Martin Buber, Franz Rosenzweig, Leo Baeck, Abraham J. Heschel und Will Herberg zusammen, in denen diese sich zu Fragen christlicher Theologie und der Beziehung zwischen Judentum und Christentum äußern. Eingeleitet werden die jeweiligen Kapitel von namhaften christlichen Kollegen wie dem katholischen Religionsphilosophen Bernhard Casper und dem evangelischen Neutestamentler Ekkehard Stegemann, die sich den Herausforderungen dieser Anfragen stellen. Die wesentlichen Themen, um die es in der christlich-jüdischen Kontroverse nach wie vor geht, benennt Rothschild in seiner Einleitung selbst: 1) Die Person und Bedeutung Jesu; 2) Die Polarität von Gesetz und Evangelium, Werken und Glauben; 3) Der Ort der Hebräischen Bibel im Christentum; 4) Die Rolle der Kirche als des Neuen Israel im Gegenüber zu den Juden als dem Alten Israel. Es ist die Überzeugung des Moderators dieses Gesprächs, daß sich trotz der Asymmetrie zwischen Judentum und Christentum eine neue Beziehung zwischen beiden zu entwickeln beginnt, die er angesichts der Erosion des Glaubens und der geistigen Orientierungskrise in einem gegenseitigen Aufeinander-angewiesen-Sein sieht. Das Buch ist mehr als nur eine Einladung zum Dialog: es verkörpert diesen Dialog in einer außerordentlich geglückten Weise.
Klaus Nagorni
Jahrgang 7/2000 Seite 139