Zerstörte Synagogen 1938. Nordrhein-Westfalen. Erarbeitet vom Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte. Kamp Verlag, Bochum 1999/5760. 674 Seiten. Mit Farbbeilage: Die Synagogen der jüdischen Gemeinden Nordrhein-Westfalen 1999.
Mit diesem Buch liegt der erste Band einer von Prof. em. Dr. Meier Schwarz geplanten Reihe zur Beschreibung von ca. 2800 von den Nationalsozialisten zerstörten oder geschändeten Synagogen vor. Die Idee zur Reihe „Gedenkbuch der Synagogen Deutschlands 1938“ entstand im Rahmen des 1985 in Israel gegründeten „Synagogue Memorial Committee“, dessen Vorsitz Josef Burg (1908-1999) innehatte. Den inneren Zusammenhang von Gedenken und Erkenntnis benennt Michael Brocke mit den Worten: „Wer Erkenntnis mehrt, mehrt Gedenken — Wer Gedenken mehrt, mehrt Erkenntnis.“
Die Einführung behandelt die Genese der „Kristallnacht“ und erläutert die Bedeutung der Synagoge als „Mittelpunkt des jüdischen Lebens“ nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem, zu dem hin jede Synagoge Bezug behält. Die spezifischen Eigenheiten der Synagogen in Großstädten und vor allem in den „Landstädten“ Nordrhein-Westfalens, bedingt durch die Kontinuität des ländlichen Judentums und durch die Emanzipation des städtischen Judentums, werden aufgezeigt. „Affirmation des Eigenen“ sind die Synagogen des 19. Jahrhunderts in den Städten; Synagogen rücken aus dem Hinterhof in die Straßenzeile. Die Synagoge wird als Heiligung der Zeit durch das Wort definiert. Sie tritt an die Stelle der Heiligung des Ortes durch das Opfer, das in Jerusalem nicht mehr erbracht werden kann, — die Synagoge als ein „Stück Galut“.
Der Hauptteil orientiert sich an der alphabetischen Reihe der deutschen (und hebraisierten) Ortsnamen. Die Geschichte der jeweiligen jüdischen Gemeinde wird skizziert, Baugeschichte, Stilrichtung und Zerstörungsschicksal der 410 ehemaligen Synagogen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen werden dargelegt. Ein Anhang enthält statistische Daten und umfassende ortsbezogene Literaturangaben. Die Farbbeilage über die neunzehn neuen Synagogen in Nordrhein-Westfalen ist bewußt „abgetrennt“; das „zögerliche neue Leben“ soll nicht von einem unzutreffenden Kontinuitätsgedanken überdeckt werden. Für Nordrhein-Westfalen hat das Steinheim-Institut mit Unterstützung namhafter Sponsoren ein beeindruckendes Buch des Gedenkens geschaffen.
Fritz Hofmann
Jahrgang 7/2000 Seite 208